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Was bedeutet die zunehmende Trockenheit für unser Trinkwasser?

Wasser

19. Oktober 2020

Niedrigwasser in der Elbe bei Magdeburg im Sommer 2018

Frisches, kühles Trinkwasser direkt aus dem Hahn ist für uns eine Selbstverständlichkeit – egal wann und egal wie viel. Ob morgens unter der Dusche, für die Spaghetti am Mittag oder abends beim Zähneputzen. Kaum einmal kommen wir dabei auf den Gedanken, dass dies auch anders sein könnte und welch hohen Wert unsere Versorgung mit Trinkwasser in Deutschland eigentlich hat. Doch wie wird es in Zukunft aussehen: Droht uns Wasserknappheit durch den Klimawandel? Wir haben mit Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand für den Bereich Wasser, über die zunehmenden Herausforderungen gesprochen, vor denen die deutsche Wasserwirtschaft steht.

Führt der Klimawandel dazu, dass wir bald kein Trinkwasser mehr haben?

Nein, in Deutschland steht mit 188 Millionen Kubikmetern genügend Wasser zur Verfügung. Hiervon nutzen wir tatsächlich sogar nur etwa 3 Prozent für die Trinkwasserversorgung. Auch ist der Wasserverbrauch pro Kopf seit 1990 stark zurückgegangen und liegt mittlerweile im Vergleich zu anderen Ländern auf einem sehr niedrigen Niveau. 

 

Also lehnen wir uns entspannt zurück, denn das Wasser fließt ja?

Keineswegs. Es ist nicht das Wasserdargebot, das uns vor Herausforderungen stellen wird. Vielmehr zeigen die Klima-Modelle, dass die Wassermenge gar nicht wesentlich zurück geht, aber die Niederschlagsmuster sich verändern. Wir müssen also mit länger anhaltenden Trockenperioden im Sommer und stärkerem Regen im Winter rechnen. Und das offenbar tatsächlich früher als gedacht.

Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand Wasser: "Der Klimawandel ist eine Herausforderung für unsere Gesellschaft, auf die wir rechtzeitig reagieren müssen."
Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand Wasser: "Der Klimawandel ist eine Herausforderung für unsere Gesellschaft, auf die wir rechtzeitig reagieren müssen." © DVGW

Welche Folgen hat das für die Wasserversorgung?

Der Spitzenbedarf wird hinsichtlich Höhe und Dauer zunehmen, was sich bereits in den vergangenen Jahren gezeigt hat. So war etwa das Jahr 2018 mit seiner langanhaltenden Hitzeperiode im Sommer ein richtiger Stresstest für viele Wasserversorger, den sie aber ohne größere Ausfälle erfolgreich bestanden haben. Dies belegen auch die Ergebnisse einer Umfrage zur Wasserversorgung im Trockenjahr 2018, die der DVGW kürzlich durchgeführt hat. Dennoch hat sich sehr deutlich gezeigt, dass Strategien zur Anpassung der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur dringend erforderlich sind.

 

Die Infrastruktur der Wasserversorgung steht also im Fokus?

Die heutige Infrastruktur der Wasserversorgung ist nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden und muss an vielen Stellen erneuert werden. In diesem Zuge sollte die Struktur dann auch unbedingt an die neuen Herausforderungen durch den Klimawandel und das Städtewachstum angepasst werden. Für die Wasserversorger ist dies allerdings keine einfache Situation. Während sich vor allem in den boomenden Großstädten ein starker Zuwachs der Wassernachfrage bemerkbar macht, nimmt sie hingegen in manchen ländlichen Regionen aufgrund des Bevölkerungsrückgangs ab. Nur lässt sich bei einem rückläufigen Verbrauch die Infrastruktur nicht einfach verkleinern oder zurückbauen, da auch in besonders heißen Zeiten, wenn der Wasserverbrauch plötzlich in die Höhe schnellt, die Trinkwasserversorgung funktionieren muss.

Die Infrastruktur muss an die neuen Herausforderungen durch den Klimawandel und das Städtewachstum angepasst werden.
Die Infrastruktur muss an die neuen Herausforderungen durch den Klimawandel und das Städtewachstum angepasst werden. © iStock.com/Christian Schwier

Einige Wasserversorger haben in der Vergangenheit, aber auch in diesem Jahr, die Bevölkerung zum Wassersparen aufgerufen. Müssen wir uns darauf einstellen, dass dies in ganz Deutschland bald der Normalzustand im Sommer wird?

Die Trinkwasserversorgung in Deutschland zählt zu den sichersten und zuverlässigsten auf der ganzen Welt. Auch in Extremwetterlagen konnte sie stets ohne größere Einschränkungen oder Ausfälle aufrecht erhalten werden. Vereinzelt kann die Infrastruktur jedoch an ihre Grenzen stoßen, wenn der Wasserverbrauch an heißen Sommertagen schlagartig ansteigt. Dies ist beispielsweise abends häufig der Fall, wenn viele Leute ihren Rasen bewässern, den Pool im Garten befüllen oder auch ihr Auto waschen. Manche Wasserversorger müssen dann schnell reagieren und die Bevölkerung zu einem sparsamen Verbrauch auffordern oder gemeinsam mit den Behörden sogar einzelne Nutzungsarten verbieten.

Auch wenn ein schonender Umgang mit unserem Trinkwasser eigentlich selbstverständlich sein sollte, lässt sich teilweise nur mit solchen Maßnahmen ein Ausfall der Trinkwasserversorgung vor Ort verhindern. Dies betrifft allerdings nur vereinzelte Regionen und wird kein deutschlandweiter Trend werden. Wir müssen jedoch genau beobachten, wie sich die zukünftige Situation entwickelt und bereits jetzt anfangen, die Infrastruktur an die klimatischen und demographischen Veränderungen anzupassen.

 

Wie soll die Erneuerung der Wasserinfrastruktur finanziert werden?

Der Erhalt und die Erneuerung der bestehenden Infrastruktur steht für die deutsche Wasserwirtschaft an erster Stelle. Als zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge muss die Trinkwasserversorgung sicher und vor allem bezahlbar bleiben. In ländlichen Regionen, wo die beschriebenen Schwierigkeiten des Bevölkerungsrückgangs vorherrschen, darf der Erhalt der Infrastruktur aber nicht zu einem negativen Standortfaktor führen, da sich die Finanzierung auf immer weniger Schultern verteilt. Künftig wird dies mancherorts deshalb nicht ohne eine Förderung funktionieren. Wir müssen uns immer wieder bewusst machen: Trinkwasser hat nicht nur einen Wert, sondern auch einen Preis.

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