
12. Februar 2020
Zeitplan
Nach insgesamt fünf Trilog-Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament und diversen technischen Sitzungen zur Klärung von Details wurde am 18. Dezember 2019 eine vorläufige Einigung zur neuen EG-Trinkwasserrichtlinie erzielt.
Am 4. Februar 2020 hat der sog. Ständige Ausschuss der Mitgliedstaaten den Text angenommen. Im nächsten Schritt wird der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments (EP) am 18. Februar 2020 über den Text abstimmen. Die Bestätigung des Rates wird im März 2020 erwartet. Nach einem Zeitfenster von sechs bis acht Wochen für den Sprachdienst (linguistischer Check) wird die zweite Lesung im Plenum des EP im Juni 2020 möglich sein.
Gesetzt den Fall, dass dieser Zeitplan eingehalten wird, kann als voraussichtliches Datum für das Inkrafttreten der neuen EG-Trinkwasserrichtlinie Mitte Juli 2020 (20 Tage nach Veröffentlichung im Gesetzgebungsblatt der EU) genannt werden. Dann ist es an den Mitgliedsstaaten, die Richtlinie jeweils national innerhalb von zwei Jahren umzusetzen. In Deutschland wird die Trinkwasserverordnung entsprechend angepasst.
Stand: 31. Januar 2020
Der neue Artikel 10a basiert im Wesentlichen auf dem „4 Member States“-Ansatz.
Materialien, die für die Verwendung in Neuanlagen oder – im Fall von Reparatur- oder Sanierungsmaßnahmen – in bereits bestehenden Anlagen zur Entnahme, Aufbereitung oder Verteilung von Wasser für den menschlichen Gebrauch vorgesehen sind und mit diesem Wasser in Berührung kommen, dürfen
Für die einheitliche Umsetzung werden die spezifischen Mindesthygieneanforderungen für Materialien durch Durchführungsrechtsakte geregelt. Innerhalb von drei Jahren werden Stoffe oder Materialien sowie Test- und Auswahlverfahren für Ausgangsstoffe und -verbindungen in einer „europäischen Positivliste“ aufgenommen.
Nach vier Jahren legt die Europäische Chemikalienagentur ECHA diese europäische Positivliste der Ausgangsstoffe und -verbindungen für die folgenden Gruppen von Materialien vor:
Die Aufnahme von Gültigkeitsdaten der Ausgangsstoffe und -verbindungen ist auf Wunsch des Parlamentes aufgenommen worden. Sie werden von der ECHA auf der Basis von Risikobewertungen und der stoffspezifischen Eigenschaften festgelegt. Zusätzlich wurde eine Überprüfung der europäischen Positivliste nach 15 Jahren vereinbart.
Auf Wunsch des Parlamentes werden die Regelungen für Abweichungen von den Qualitätsparameter auf neue Wassergewinnungsgebiete, neue Verschmutzungsquellen und neue Parameter beschränkt. D.h. die bekannte und bewährte bisherige Regelungen, dass Abweichungen max. drei mal drei Jahre möglich sind entfällt künftig. Die Abweichungen sollen auf einen kurzen Zeitraum beschränkt werden und drei Jahre nicht überschreiten.
Daneben können Mitgliedstaaten jedoch für unvorhersehbare und außergewöhnliche Situationen zeitlich begrenzte Ausnahmen zulassen. Diese können jedoch nicht erneuert werden.
Es ist nun vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten eine Bewertung der Wasserverluste vornehmen und auch das Potential zur Verringerung der Wasserverluste erfassen. Als Bewertungsmethode wird der Infrastructural Leakage Index-Ansatz (ILI) oder eine andere geeignete Methode empfohlen. Die Regelung gilt für Wasserversorger, die mindestens 10 000 m³ pro Tag liefern bzw. mindestens 50 000 Personen.
Die Ergebnisse der Wasserverluste-Ermittlung sind der Kommission drei Jahre nach der Umsetzung der Richtlinie mitzuteilen.Die Kommission wird ihrerseits fünf Jahre nach der Umsetzung der Richtlinie einen Schwellenwert festsetzen. Dieser basiert auf den Bewertungen der Mitgliedstaaten und einer bis dahin ermittelten EU-weiten durchschnittlichen Wasserverluste-Rate. Mitgliedstaaten, die diesen Wert überschreiten sind dann aufgerufen, innerhalb von zwei Jahren einen Aktionsplan zur Reduzierung ihrer Wasserverluste vorzulegen.
Für Blei ist ein Qualitätsparameter von 5 µg/L festgesetzt. Für diesen Wert gilt eine 15jährige Übergangsfrist. Bis zu diesem Zeitpunkt beträgt der Blei-Grenzwert 10 µg/L. Erstmals wird der Blei-Grenzwert in den Kontext der Anforderungen an Materialien in Kontakt mit Trinkwasser (Artikel 10a) gestellt, indem in den Bemerkungen zu Blei eine Verknüpfung zu der zukünftigen europäischen Positivliste für Materialien hergestellt wird.
Am Ende der Diskussion zur Aufnahme von endokrinen Disruptoren steht (nur noch) ein Parameterwert für Bisphenol A von 2,5 µg/L. Dieser Wert kann von der Kommission aufgrund neuer Erkenntnisse der European Food Safety Authority (EFSA) mit einem delegierten Rechtsakt angepasst werden. Beta-Östradiol und Nonylphenol werden aufgrund ihrer endokrinen Stoffeigenschaften in die erste „watchlist“ der Trinkwasserrichtlinie aufgenommen. Diese erste Liste soll ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Rechtsaktes eingeführt werden. Sie enthält für jede Substanz einen Richtwert und wo möglich eine Analysenmethode.
Die neue Regelung zu PFAS ist kompliziert. Es existieren nun zwei Parameterwerte. Zum einen für Gesamt-PFAS (0,50 µg/L) für die Gesamtheit aller per- und polyfluoralkylhaltigen Substanzen. Für die Bestimmung dieses Parameterwertes entwickelt die Kommission in den nächsten drei Jahren die noch notwendigen technischen Richtlinien. Zum anderen besteht eine Qualitätsanforderung von 0,10 µg/L für die Summe der in Anhang III, Teil B, Punkt 3 gelisteten 20 Einzelsubstanzen.
Den Mitgliedstaaten wird es freigestellt sein, zwischen diesen beiden Anforderungen zu wählen bzw. auch beide anzuwenden.
Bezüglich der PSM-Metaboliten wurde ein Kompromiss gefunden. So sind die Mitgliedstaaten angehalten, für nicht-relevante Metaboliten einen Richtwert zu definieren. Dies bedeutet für die Situation in Deutschland, dass wir mit dem bewährten Konzept der Gesundheitlichen Orientierungswerte (GOW) des Umweltbundesamtes fortfahren können.
Die seitens des Rates in einer der letzten Trilogrunden vorgelegten Intention, auch die aus PSM-Metaboliten entstehenden Transformationsprodukte über die neue Trinkwasserrichtlinie zu regeln, hat erfreulicherweise keinen Eingang in den nunmehr ausgehandelten Text gefunden.
Es ist nunmehr vorgesehen, dass die Kommission in den nächsten drei Jahren eine Methodik zur Bestimmung von Mikroplastik vorlegt, mit der Perspektive, Mikroplastik in die „watchlist“ gemäß Artikel 11 (7) aufzunehmen. In dieser „watchlist“ werden Substanzen aufgenommen, die von öffentlichem bzw. wissenschaftlichen Belangen für die Gesundheit sind. Beispielhaft werden Pharmazeutika, endokrine Disruptoren und Mikroplastik genannt.
Für die Einhaltung der Qualitätsparameter Chlorat, Chlorit, Bisphenol-A, Microcystin, PFAS Summe und Uran wird eine dreijährige Übergangsperiode gewährt.
Der völlig unzureichende Entwurf der Kommission (Februar 2018) konnte im Laufe der Verhandlungen essentiell verbessert werden. Dennoch trägt die neue Trinkwasserrichtlinie mehr als bislang eine politische Handschrift (Right2Water-Initiative, Interessen des Parlamentes etc.).