22. Oktober 2025
Wirtschaftsunternehmen und Privathaushalte sind auf die Versorgungssicherheit mit bezahlbarer Energie angewiesen. Mit dieser Sicherheit steht und fällt die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Zudem hat sich die Bundesrepublik das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden. Hier spielt Wasserstoff eine Schlüsselrolle. Der Wasserstoff-Hochlauf ist entscheidend bei der Frage, ob und wie Deutschland seine Klimaziele erreichen wird. Brückenenergieträger wie Erdgas haben insgesamt zwar eine wesentlich bessere Klimabilanz als andere fossile Energieträger. Aber auch wenn Erdgas mittelfristig noch verstärkt zum Einsatz kommen wird, muss bereits jetzt umfassend auf klimaneutrale Energieträger wie Wasserstoff gesetzt werden.
Damit eine nachhaltige Energiepolitik für die nächsten Jahrzehnte realisiert werden und Wasserstoff zum Einsatz kommen kann, muss das H2-Kernnetz ausgebaut werden. Um die Versorgungssicherheit jederzeit gewährleisten und Leistungsschwankungen im Versorgungssystem ausgleichen zu können, kommt es ebenso auf die Schaffung von Speicherkapazitäten an. Eine Kurzstudie, die der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. und die DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) durchgeführt haben, gibt einen Überblick über die aktuelle Funktion der Untertagegasspeicher im deutschen Energiesystem. Sie benennt die Aufgaben und Herausforderungen, die es zukünftig beim Aufbau der notwendigen Wasserstoff-Speicherkapazitäten zu bewältigen gilt.
„Untergrundspeicher sichern die Versorgung jederzeit im Jahresverlauf ab, sowohl saisonal- als auch untertägig leistungsbedingt. Aufgrund der Volatilität der erzeugten erneuerbaren Energiemenge im Stromsystem und der Notwendigkeit, Überschüsse zu speichern – etwa durch die Erzeugung von Wasserstoff –, als auch für eine jederzeit verfügbare Belieferung von Kraftwerken zur Stromnetzstabilisierung sind Speicher im Energiesystem der Zukunft wichtiger denn je. Sie sind die entscheidende Flexibilitätsoption”, sagt Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. Da der Wasserstoffbedarf insgesamt - und vor allem in der Industrie - sukzessive steigen wird, muss die abrufbare Menge an Wasserstoff Schritt halten. In den Wintermonaten kommt noch der Bedarf der Wärmeerzeugung hinzu, sei es durch den direkten Einsatz von Wasserstoff oder höhere Leistungsabrufe von Heizungen, die in Strom rückgewandelten Wasserstoff abrufen. All das macht es unabdingbar, genügend Speicherkapazitäten für Wasserstoff zu schaffen, um Schwankungen zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen.
Deutschland verfügt mit einem Anteil von 25 Prozent über die größten Kapazitäten an Untergrundgasspeichern in der Europäischen Union. In weiten Teilen können die deutschen Erdgasspeicher auf Wasserstoff umgestellt werden. So lassen sich durch den zeitnahen Umbau und die Umnutzung bestehender Standorte entscheidende Jahre gewinnen. Denn während des Neubaus eines Kavernenspeichers etwa elf Jahre in Anspruch nimmt, könnte man innerhalb von nur sechs Jahren einen bestehenden Erdgas-Kavernenspeicher in einen Wasserstoffspeicher umbauen. Betrachtet man einen sogenannten Porenspeicher, nimmt dessen Neubau etwa zehn Jahre in Anspruch, die Umrüstung rund acht Jahre. Die Kapazitäten der umgerüsteten Erdgasspeicher werden jedoch nicht ausreichen, weshalb der Zubau neuer Speicher unerlässlich ist. Je nach Szenario und Wasserstoffbedarf könnten bis zum Jahr 2045 zusätzliche Untergrundgasspeicher für über 40 TWh notwendig werden.
Der DVGW stellt in seiner Kurzstudie verfügbare Daten zu benötigter Speicherkapazität für Wasserstoff, Speicherpotenzialen und Kosten gegenüber. Das Gesamtbild zeigt: Mit der Umstellung heutiger Untergrunderdgasspeicher sollte zügig begonnen und neue Kapazitäten geschaffen werden, damit zukünftig ausreichende Mengen gespeichert werden können. Allerdings bestehen große Unsicherheiten, die einem schleunigen Ausbau im Weg stehen. Noch ist unklar, wie sich der Wasserstoffmarkt und die Preise und somit die tatsächlichen Kosten für den Bau und den Betrieb der entsprechenden Anlagen entwickeln werden. Davon hängt allerdings die Wirtschaftlichkeit der Speicher ab. Hierin könnten Unternehmen Investitionsrisiken sehen – zusätzlich zu politischen und bürokratischen Hürden.
Um Planungssicherheit zu gewährleisten, muss die Politik den Weg ebnen. So sollten zum Beispiel bei der Umstellung von Gasspeichern auf Wasserstoffnutzung bestehende Genehmigungen fortgelten. Der Beschleunigung des Prozesses dient ebenfalls die Einführung treffsicherer Instrumente zur Finanzierung des Speicheraufbaus. Risiken können so reduziert und Investitionen angereizt werden. „Diese Maßnahmen zusammengenommen schaffen den dringend notwendigen Ordnungsrahmen und die politischen Weichenstellungen für den Wasserstoffspeicherausbau. Die Erhebung des DVGW soll ein Weckruf sein, um eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Allianz pro Wasserstoff und pro Speichertechnologie zu bilden. Nur wenn heute Kapazitäten aufbaut werden, ist die Energieversorgung von morgen gesichert“, so DVGW-Chef Gerald Linke.