01. Dezember 2025
Der Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP) bleibt auch im vierten Berichtsjahr das zentrale und europaweit einzigartige Instrument für die strategische Planung der deutschen Gasverteilnetze Richtung Klimaneutralität. 248 Netzbetreiber haben sich beteiligt und damit erneut nahezu die gesamte Branche abgebildet. Die Planungsprozesse wurden 2025 weiter verfeinert. Gemeinsam mit den Fernleitungsnetzbetreibern haben die Verteilnetzbetreiber Deutschland erstmals in rund 40 Planungsregionen strukturiert. Diese regionale Gliederung ermöglicht es, technologische Anforderungen, Kundenbedarfe und Netztopologie präziser als bisher aufeinander abzustimmen und damit einen belastbaren Umbaupfad für die kommenden Jahre zu definieren.
Die aktuellen Ergebnisse machen deutlich: Damit der Wasserstoffhochlauf auch auf Verteilnetzebene gelingt, plant die Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen, bereits bis 2035 erste Netzabschnitte vollständig auf Wasserstoff umzustellen – vorausgesetzt, ausreichende Mengen stehen zur Verfügung. Gleichzeitig rechnen die Netzbetreiber damit, dass ein großer Anteil der heutigen Infrastruktur langfristig erhalten bleibt. Dabei planen rund zehn Prozent die vollständige Stilllegung ihrer Netze und etwa 60 Prozent gehen von Teilstilllegungen aus, im Durchschnitt in der Größenordnung eines Viertels ihres Leitungsbestands. Insgesamt zeichnet sich ein deutlicher Nutzungswandel zu einer zielgerichteten, anforderungsoptimierten Infrastruktur ab: Die verbleibenden Netze werden künftig noch etwa die Hälfte der heutigen Energiemengen transportieren – dann jedoch klimaneutral.
Auch die kommunale Nachfrage bestätigt den eingeschlagenen Kurs. In der Befragung von rund 2.000 Städten und Gemeinden bewerten 94 Prozent der Kommunen Wasserstoff und klimaneutrales Methan als festen oder potenziellen Bestandteil der künftigen Energieversorgung von Industrie und Gewerbe. Für Haushalte und öffentliche Einrichtungen halten 77 Prozent klimaneutrale Gase weiterhin für eine relevante Option bei der Wärmewende.
Damit diese Erwartungen erfüllt werden können, hat die Branche frühzeitig gehandelt und ihre Planungen bereits an die neuen Anforderungen der EU-Gasbinnenmarktrichtlinie angepasst, die derzeit im Rahmen einer EnWG-Novelle in deutsches Recht umgesetzt wird. Dadurch besteht die Chance, bereits 2026 erste regionale Transformationspläne bei der Bundesnetzagentur einzureichen und die nächsten Schritte zur Umsetzung einzuleiten.
Der Handlungsdruck ist dabei hoch. Entscheidend für den Erfolg ist nun, dass politische und regulatorische Rahmenbedingungen rasch, präzise und transformationsfreundlich vervollständigt werden. Die Branche steht bereit – aber sie braucht klare Leitplanken, um die Energiewende im Verteilnetz schnell, wirtschaftlich und kundenorientiert zu realisieren.
Florian Feller, Vorsitzender von H2vorOrt, betont: „Mit dem GTP 2025 wurde ein neues Kapitel der Verteilnetzplanung aufgeschlagen. Seit der Veröffentlichung des GTP 2022 zeigt die Branche klar und öffentlich, dass sie ihre Netze zur Klimaneutralität transformieren will. Indem sich der GTP 2025 bereits früh an den europäischen Vorgaben orientiert hat, könnten schon im kommenden Jahr erste Pläne bei der Bundesnetzagentur liegen. Wir ermutigen die Politik, diesen Prozess entschlossen zu begleiten und die noch offenen Fragen – insbesondere zu Finanzierungsinstrumenten – zeitnah zu klären.“
Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW, verweist auf den Zeitfaktor: „Unsere intensive Forschung der vergangenen Jahre zeigt eindeutig: Die Transformation der Gasnetze auf Wasserstoff ist technisch machbar. Gleichzeitig ist klar, dass eine so weitreichende Umstellung Zeit benötigt. Betrachtet man allein die L-H-Gas-Umstellung, wird deutlich, dass für eine deutschlandweite Transformation mindestens ein Jahrzehnt erforderlich ist. Um die Klimaziele zu erreichen, müssen wir daher spätestens zu Beginn der 2030er Jahre starten. Der Gesetzgeber sollte dies bei der Ausgestaltung von Ankündigungsfristen unbedingt berücksichtigen.“
Den Ergebnisbericht 2025 zum Gasnetzgebietstransformationsplan sowie weitere Informationen finden Sie unter: www.H2vorOrt.de
Hintergrund:
Durch die Gasverteilnetzbetreiber werden gegenwärtig rund 1,4 Millionen Industrie- und Gewerbekunden sowie die Hälfte aller Haushalte mit Energie versorgt. Im Rahmen der GTP-Planung analysieren die Netzbetreiber auf Basis ihrer konkreten Situation vor Ort die Bedarfe ihrer Kunden, die dezentrale Einspeisesituation und die Entwicklung der Wasserstoffbereitstellung durch vorgelagerte Netzbetreiber. In den Vorjahren wurden zudem intensive technische Untersuchungen durchgeführt. Die Ergebnisse der Einzelplanungen werden durch H2vorOrt zu einem jährlichen Ergebnisbericht konsolidiert. Der Planungsprozess ist ergebnisoffen und umfasst die Umnutzung, die Stilllegung und den partiellen Neubau von Leitungen sowie sämtliche neuen, klimaneutralen Gase. Ziel des GTP ist es, die Transformation zu beschleunigen und durch die Einzelplanungen der Netzbetreiber in Abstimmung mit den anderen Stufen der Versorgungskette ein kohärentes Zielbild für ganz Deutschland zu schaffen.