Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine finden Sie hier Informationen zur Sicherheit der Gasversorgung in Deutschland, Erdgas aus Russland und Alternativen wie LNG sowie Wasserstoff.
Wie kommen wir über den Winter 2023/24?
Erdgas ist für die Energieversorgung unseres Landes enorm wichtig. Der DVGW hat deshalb eine interaktive Grafik entwickelt, die den tagesaktuellen Füllstand der Gasspeicher in Deutschland zeigt sowie eine Prognose gibt, wie lange die Füllstände unter welchen externen Bedingungen reichen.
In einem Fachbeitrag wird das Prognosemodell beschrieben, mit dem der zukünftige Füllstand bzw. die Reichweite des deutschen Systemspeichers für das Gaswirtschaftsjahr 2023/24 bestimmt werden kann. Dabei fließen Erfahrungswerte aus dem Gasabnahmeverhalten des letzten Winters ein.
Für den kommenden Winter wird eine temperaturabhängige Sigmoidfunktion vorgestellt, die über eine KQ-Methode aus Realdaten gewonnen wurde und die es erlaubt, eine tagesgenaue Absatzganglinie aufzustellen. Diese Absatzganglinie stellt neben den mittleren Nettogasimporten eine der Modellgrößen dar, die den Speichereinsatz vorgeben.
Es wird aufgezeigt, wie robust das Modell ist und wie der zu erwartende Speichertiefststand Ende März/Anfang April 2024 auf Parameteränderung reagiert.
Daraus lässt sich ableiten, dass die Versorgungsicherheit über den kommenden Winter und ein kaltes Frühjahr hinweg gewährleistet ist, jedoch Nettoimportströme von 2,37 Terawattstunden pro Tag und mehr abverlangt. Dass sich derartige Gasliefermengen in den deutschen Markt realisieren lassen, zeigen Vergleiche mit Vorjahresdaten und neue Optionen, die sich aus dem fortschreitenden Ausbau der inländischen und europäischen LNG-Importkapazitäten ergeben.
Der Fachbeitrag endet mit Ausführungen zur Notwendigkeit, an den LNG-Ausbauplänen festzuhalten, um den Erdgasmarkt weiterhin „abzukühlen“, also technische Entlastung in den Ferntransportnetzen und weitere Beruhigungen im Erdgas-Importpreis zu schaffen. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass eine ungünstige und nicht ausschließbare Kombination von Ereignissen grundsätzlich immer eine Engpassgefahr darstellen kann, jedoch nicht zu prognostizieren ist.
Zur interaktiven Grafik Gasspeicherfüllstände mit Reichweitenprognose
Interaktive Karte des Gastransports in Deutschland und Europa der European Network of Transmission System Operators for Gas (ENTSOG): Zur Karte
Beschäftigung der LNG-Terminals der Gas Infrastructure Europe: Aggregated LNG Storage Inventory
Den ausführlichen Lagebericht des Bundesnetzagentur mit Infos zu den Gasflüssen, Speichfüllständen und Gaspreisen finden Sie hier.
Stand: 8. September 2022
Deutschland bezieht sein Erdgas zu über 94 Prozent aus Importen, sechs Prozent stammen aus heimischer Förderung, ein Prozent ist heimische Biomethaneinspeisung. (Quelle BMWK)
Die drei größten Importeure sind Russland (55 Prozent), Norwegen (31 Prozent) und die Niederlande (13 Prozent). Weitere Importe kommen aus Großbritannien und Dänemark (Quelle Statista). Der derzeitige Anteil von russischem Erdgas am deutschen Gasverbrauch beträgt ca. 35%.
Die Erdgaspreise für die Endkunden werden nach Einschätzung des DVGW insbesondere auch aufgrund der immer stärker wirkenden CO2-Bepreisung kurz- und mittelfristig moderat steigen.
Die aktuelle politische Lage muss aus Sicht des DVGW zu einem drastischen Politikwechsel führen, der zeitnah und schnell auf klimaneutrale Gase setzt. Diese können sich bereits mittelfristig dämpfend auf die Gaspreisentwicklung auswirken, weil klimaneutrale Gase perspektivisch sehr günstig erzeugt werden können. Experten gehen von fünf Cent pro Kilowattstunde (KWh) aus (Quelle: Baer et.al., Roadmap Gas 2050). Zum Vergleich: Erdgas kostet aktuell rund 15 Cent pro Kilowattstunde.
Mit dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sind Gasnetzbetreiber verpflichtet, vorgeschriebene Maßnahmen zur Gewährleistung einer sicheren Versorgung mit Gas zu ergreifen. Im Falle einer Versorgungsunterbrechung ist die Belieferung der sogenannten geschützten Kunden so lange aufrecht zu halten, wie die Versorgung wirtschaftlich zumutbar ist. Die Wahl von Beschaffungswegen und Lieferquellen ist dabei frei. Die Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 (SoS-VO) sieht ein umfassendes Instrumentarium vor, um den Erdgasbinnenmarkt zu stärken und Vorsorge für den Fall einer Versorgungskrise zu treffen.
Der Notfallplan Gas hat drei Alarmierungsstufen:
Frühwarnstufe:
Alarmstufe:
Notfallstufe:
Das Eintreten der einzelnen Krisenstufen ist abhängig vom Schweregrad der Störung, den erwarteten ökonomischen und technischen Auswirkungen und der Dringlichkeit der Störungsbeseitigung auf nationaler Ebene. Die Stufen müssen nicht nacheinander ausgerufen werden.
Am 30.03.2022 wurde durch den Bundeswirtschaftsminister die Frühwarnstufe (Stufe 1) ausgerufen. Die Aktivierung dieser Frühwarnstufe ist zu begrüßen, weil sich alle Beteiligten so geordnet auf eine eventuelle Gasmangelsituation – die derzeit noch nicht besteht – vorbereiten können.
Das Krisenteam wurde mit der Frühwarnstufe initialisiert und tagt täglich seit dem 30.03.2022. Der Vorsitz liegt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), die Stellvertretung bei der Bundesnetzagentur, zudem werden Vertreter der Bundesländer hinzugeladen. Derzeit unterstützen Mitarbeiter der Fernleitungsnetzbetreiber und des Marktgebietsverantwortlichen das Krisenteam und sind maßgeblich an der Lagebilderstellung beteiligt.
Die Ausrufung der Frühwarnstufe bedeutet, dass die Regeln der §§ 16a und 16 EnWG weiterhin gelten: Gasversorgungsunternehmen stellen weiter die Versorgung mit Erdgas gemäß § 53a EnWG sicher. Hierfür stehen marktbasierte Maßnahmen gemäß Kapitel 7 des Notfallplans (Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland) zur Verfügung. Dazu gehören u.a.:
Basierend auf der Definition der Anforderungen an die Maßnahmen und der Selektion bzw. Klassifizierung der relevanten Maßnahmen, können die entsprechenden Handlungsmöglichkeiten des Ordnungsrahmens in weiterer Folge den Anforderungen zugeordnet werden:
Zur Gruppe der nach § 53a EnWG geschützten Kunden gehören:
Bei Abschaltung eines nicht-geschützten Kunden ist eine umfangreiche Abwägung durchzuführen, welcher nicht-geschützter Kunde zuerst betroffen sein wird. Abschaltkriterien sind u.a. Bedeutung für die Versorgung der Allgemeinheit, erwarteter Volks- und betriebswirtschaftlicher Schaden, Vorlaufzeiten für die Durchführung der technischen Maßnahme, Kosten und Dauer der Wiederinbetriebnahme, Größe des Unternehmens.
Gasspeicher sind ein zentrales Element für die Versorgungssicherheit in Deutschland mit Erdgas. Die Zuständigkeit liegt beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und ist im Gasspeichergesetz geregelt.
Im Zusammenhang mit der Befüllung von Gasspeichern sind folgende technische Zusammenhänge zu beachten, wobei eine aussagekräftige Kennzahl für die Lieferstärke oder -schwäche einer Anlage die sogenannte Ausspeicherkennlinie ist.
Die Speicherkennlinien und damit die Ausspeicherleistungen sind von Speicher zu Speicher unterschiedlich. Ab wann ein Kipppunkt bei der Ausspeicherung erreicht ist, lässt sich deshalb nur jeweils für den einzelnen Speicher benennen. Die Speicherkennlinien bilden die Ein- und Ausspeicherleistung des Speichers abhängig vom Speicherfüllstand ab. Kennlinien sind daher abhängig vom Speichertyp und werden maßgeblich vom Druck und der Temperatur des Speichergases beeinflusst. Allerdings sind diese nicht konstant, sondern ändern sich in Abhängigkeit vom Speicherfüllstand und der Speicherfahrweise.
Klar ist: Je weniger Arbeitsgas in einem Speicher verbleibt, desto schneller sinkt die Ausspeicherleistung. Je mehr Arbeitsgas ausgespeichert wird, desto niedriger ist der Speicherdruck, was zu einer geringeren Ausspeicherrate führt. Bei Volllastbetrieb der Gasheizungen der Industrie und der Gaskraftwerke im Winter wäre die Gasversorgung beim Wegfall entweder der Speicher oder der Mengen aus dem laufenden Import nicht mehr gewährleistet.
Im Kernwinter bei tiefen Temperaturen sind Ausspeicherleistungen aus Speichern zur Bedarfsdeckung von Industrie und Gebäuden erforderlich. Sofern dies nicht gegeben ist, müssen entsprechende Mengen aus den Importen verfügbar sein.
Das neue Speichergesetz vom 30.04.2022 (Teil 3a §§ 35a-35h EnWG) sieht die Befüllung der deutschen Gasspeicher zum 1. Oktober zu 80 Prozent, zum 1. November zu 90 Prozent und zum 1. Februar zu 40 Prozent vor.
Nutzungsrechte an Speicherkapazitäten können zukünftig dem Markgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) zur Verfügung gestellt werden, wenn Speicherkunden diese nicht nutzen („use it or lose it“).
THE wurden umfangreiche Befugnisse auferlegt, um Maßnahmen für die ausreichende Befüllung der Gasspeicher zu ergreifen.
Sofern es zu einem Lieferstopp von russischem Gas durch aktive Schließung der Ventile auf dem Weg der Transportleitungen nach Deutschland über die Routen Nord Stream 1, Yamal oder Transgas käme, wäre der Gasstrom unterbrochen und die Pipeline wird zu einem großen Röhrenspeicher. Das Gas steht in der Leitung, der Druck wird langsam abgebaut. Um einen bestimmten Mindestdruck, der für Transportverdichter oder auch Gasanwendungen erforderlich ist, nicht zu unterstreiten, müssen Maßnahmen ergriffen werden. Ultima ratio könnte die Abschaltung eines Verbrauchers sein. Das Bild zeigt einen typischen Druckverlauf in Transportleitungen vom vorgelagerten Netz (FNB) in das nachgelagerte Netz (VNB). Ohne Gegenmaßnahmen fällt der Druck bei einem Gasmangel deutlich unterhalb des Vertraglichen Mindestdruckes (p AV).
Allerdings kann das Netz dann auch nicht wieder einfach angefahren werden. Nach einer Unterbrechung der Kundenversorgung ist eine Wiederinbetriebnahme von Gasnetzen (Ortsnetzen) entsprechend den DVGW-Arbeitsblättern G 459-2 sowie G 600 (TRGI) in Verbindung mit dem DVGW-Rundschreiben G 03/2022 „Ergänzende Hinweise zur Wiederinbetriebnahme oder Druckbeaufschlagung von Ortsnetzen und Hausinstallationen in der Gasversorgung“ [s.unten unter "Downloads"] vorzunehmen. Der Arbeitsaufwand dafür ist groß, zumal in Netzen ohne vollständigen Einsatz von:
Je nach Dauer des Versorgungsausfalls und der Ausstattung der Netzanschlüsse – relevant sind hierbei u. a. der Betriebsdruck und die vorhandenen Regel- und Sicherheitseinrichtungen – kann auch die Notwendigkeit einer Entriegelung der Sicherheitseinrichtung (SAV) und / oder einer Druckprüfung auf Dichten Verschluss der Leitungsanlage im Gebäude bestehen, welche den Aufwand nochmals erhöht. Sind allerdings Gas-Druckregelgeräte mit Gasmangelsicherungen bei allen Kunden installiert, kann die Wiederinbetriebnahme deutlich schneller erfolgen, da die Gasmangelsicherung die Druckbeaufschlagung des Leitungssystems vereinfacht und bei ausreichendem Vordruck automatisch wieder öffnet und keine manuelle Wiederinbetriebnahme durch geschultes Personal erforderlich ist. Die Gasmangelsicherung unterbricht die Gaszufuhr bei Unterschreitung des anliegenden Ausgangsdrucks und öffnet erst wieder automatisch, wenn sich in der nachgeschalteten Leitung ein ausreichender Überdruck aufbaut (Kontrolle auf dichten Verschluss).
Die Gasgeräte selbst sind eigensicher ausgeführt, sodass die Wiederinbetriebnahme in der Regel durch den Betreiber erfolgen kann. Eine Ausnahme bilden ggf. „ältere“, raumluftabhängige Schornsteingeräte mit und ohne Abgasüberwachungseinrichtung, sogenannte B1-Geräte. Hier kann bei der Inbetriebnahme nach längerer Betriebsunterbrechung die Unterstützung durch das Fachhandwerk / den Netzbetreiber sinnvoll sein (siehe hierzu auch den entsprechenden Fachartikel unter "Download").
Es trifft zu, dass die H-Gas- und L-Gas-Netze in Deutschland getrennte Infrastrukturen sind. Das hängt nicht mit den Leitungen und Netzkomponenten zusammen, da beide Gasqualitäten für das verbaute Netz aufgenommen werden können, sondern wegen der unterschiedlichen brenntechnischen Eigenschaften mit den Gasanwendungen.
Das L-Gas, welches überwiegend beim deutschen Letztverbraucher zum Einsatz kommt, wird über die niederländischen Grenzübergangspunkte in Bunde (Groningengas) und Zevenaar/Arnheim in das deutsche L-Gas-Netz eingespeist. Es gibt noch inländische Produktionsfelder im niedersächsischen Raum.
Wegen versiegender Quellen in Deutschland und Erdbebengefahr bei weiterer Produktion in Groningen, wird die L-Gas-Produktion sukzessive heruntergefahren. Spätestens bis 2030 sind alle Letztverbraucher auf H-Gas umgestellt. Aufgrund des hohen politischen Drucks infolge steigender Sachschäden an Häusern (Erdbeben) in den Niederländen wird die Produktion in Groningen deutlich früher eingestellt.
Das in Deutschland eingesetzte niederländische L-Gas ist sogenanntes Pseudo-L-Gas. Das heißt, es wird aus H-Gas durch Mischung mit Stickstoff (es existieren mehrere große Stickstoffproduktions- und Mischanlagen) erzeugt und über die niederländische Grenze nach Deutschland transportiert. Das eingesetzte H Gas kommt aus den bekannten Quellen. Von daher wäre bei einem kompletten Lieferstopp von russischem Importgas auch die Versorgung in den L Gas-Gebieten eingeschränkt. Daher sind die Projekte zur Schaffung von Alternativen, etwa der Bau von LNG-Terminals entlang der deutschen Küste und die Versorgung Deutschlands mit Gas und Wasserstoff aus neuen Lieferländern so wichtig und werden mit Hochdruck vorangetrieben, um bereits Ende diesen Jahres - spätestens aber Anfang 2023 – die ersten neuen Mengen in Deutschland anzulanden.
Die Vorgehensweise zur erneuten Druckbeaufschlagung der Leitungsanlagen des Kunden bei vorhandenem SAVu ist in dem Rundschreiben 03/2022 Ablaufdiagramm 1, linke Seite, beschrieben. Eine Gebrauchsfähigkeitsprüfung wird in diesem Zusammenhang nach Regelwerk (TRGI) als auch nach Rundschreiben nicht gefordert.
Wenn der Punkt "Zündsicherung vorhanden" mit "nein/unklar" beantwortet wird, ist eine "Kontrolle auf Verschluss" erforderlich. Als praxisgerechte Mindestmaßnahmen werden hierzu in der Fußnote 4 des Rundschreibens die Zählerstillstandskontrolle oder Druckmessung mit Betriebsdruck angeführt. Auch die manuelle Außerbetriebnahme der Gasgeräte bzw. Schließen der Geräteabsperreinrichtung, sofern zugänglich, wäre möglich, um den Punkt "Zündsicherung vorhanden" positiv zu beantworten.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine Messung mit Betriebsdruck nicht gleichzusetzen ist mit einer Gebrauchsfähigkeitsprüfung nach TRGI, Abschnitt 5.6.4.3. Die Gebrauchsfähigkeitsprüfung nach TRGI beinhaltet neben der Prüfung auf Leckmengen mit einem entsprechenden Messgerät zusätzlich die optische Kontrolle der gesamten Leitungsanlage auf Auffälligkeiten wie z. B. Korrosion sowie die Kontrolle der Funktionalität der Bauteile (z. B. Absperreinrichtungen).
Die Vorgehensweise zur erneuten Druckbeaufschlagung der Leitungsanlagen des Kunden ist abhängig von der Ausstattung des Hausanschlusses mit Sicherheitseinrichtungen (SAVu/GMS oder ohne) und der Ausstattung der Gasgeräte (mit Zündsicherung). Das Ablaufdiagramm 1 ist zu beachten. Z. B. kann bei vorhandener GMS die "Kontrole auf Verschluss" entfallen, da dies über die Funktion der GMS abgeckt ist (siehe Beschreibung GMS in Anlage C von Rundschreiben 03/2022). Sofern eine "Kontrolle auf Verschluss" erforderlich ist, ist die ordnungsgemäße Durchführung der Kontrolle auf Verschluss bei der erneuten Druckbeaufschlagung, unabhängig ob NB oder VIU dies durchführen, in geeigneter Weise zu dokumentieren.
Die Vorgehensweise zur Wiederinbetriebnahme/Druckbeaufschlagung der Gasleitungsanlage im Gebäude ist in dem DVGW-Rundschreiben 03/2022, Anlage B, Ablaufdiagramm 1, rechte Seite, beschrieben. Aus dem Rundschreiben-Text (Seite 1, letzter Absatz) sowie den zusätzlichen unterstützenden organisatorischen Maßnahmen von Anhang B ergibt sich bei dieser Anlagenkonfiguration (kein GMS, kein SAVu) die Erfordernis zum Schließen der HAE. Dies ist allein deshalb erforderlich, um zuerst das Netz bis zur HAE wieder mit Druck beaufschlagen zu können.
Nach TRGI 1996 und 2008 ist bei diesen Gasgeräten Art A ohne Zündsicherung eine Zwangsbelüftung gefordert. Inwieweit diese Zwangsbelüftung über längere Ausfallzeit und winterliche Temperaturen noch gegeben ist, kann angezweifelt werden bzw. wäre zu kontrollieren. Bei Inbetriebnahme mit Hausdruckregelgerät mit GMS würde die GMS ein geöffnetes Gasgeräteventil erkennen und keine Gasfreigabe erfolgen. Damit wird das Ausströmen von unverbranntem Gas in gefahrdrohender Menge verhindert.
Bei Hausdruckregelgeräten ohne GMS oder Versorgung im Niederdruck bis 25 mbar ist in diesen Fällen eine Kontrolle auf Verschluss vor Ort erforderlich.
Anmerkung: In der Regel werden nicht viele Gasgeräte ohne Zündsicherung in Deutschland installiert sein, aber leider kann dies nicht ganz ausgeschlossen werden, es sei denn man kennt den gesamten installierten Bestand des jeweiligen Netzes. Hierzu könnten die Einbindung VIU und SF Hinweise zur Enschätzung der Gefährdung liefern.
Siehe Rundschreiben 3/2022, Anlage B. Eine sinngemäße Vorgehensweise ist auch bei Industriekunden (im Rundschreiben als "Gasanwendungen" angesprochen) erforderlich. In der Regel erfolgt die Außerbetriebnahme nach entsprechender Information/Aufforderung eigenständig durch den Kunden oder bei Druckabfall durch vorhandene Sicherheitseinrichtung in z. B. der Regelstrecke der Thermoprozessanlage (Eigensicherheit). Sobald eine erneute Gasfreigabe wieder erteilt wird, erfolgt die erneute Druckbeaufschlagung des Werksnetzes durch einen Fachmann des Kunden ggf. mit unterstützung durch ein Vertragsinstallationsunternehmen oder Rohrleitungsbaufirma. Die entsprechenden Regelwerksvorgaben aus G 600 oder G 614-2 sind dabei zu beachten. Die Wiederinbetriebnahme der Industriellen Gasanwendung, z. B. Thermoprozessanlage erfolgt entsprechend der Betriebsanleitung der Thermoprozessanlage.
Je nach Netzsituation und Aussttatung können sich unterschiedliche Inhalte ergeben. Hinweise zu Inhalten von Musterschreiben an geschützte Kunden bei Eintreten der Gasmangellage/Notfallstufe und notwendiger Abschaltung von geschützten Kunden werden im Rundschreiben 03/2022, Anlage B, unterstützende Maßnahmen, gegeben.
Für nicht geschützte Kunden wird diesbezüglich auf das Rundschreiben 01/2022 sowie den BDEW/VKU/GEODE-Leitfaden Krisenmanagement hingewiesen.
Bei den im vorherigen Rundschreiben 02/2005 sowie der überarbeiteten Fassung Rundschreiben 03/2022 beschriebenen Situationen Ortsnetzausfall / Gasmangellage handelt es sich um Ausnahmefälle, die unternehmensspezifisch unter Beachtung der Netztopografie sowie Ausstattung mit Sicherheitseinrichtungen sowie der Ausfallursache im Einzellfall zu bewerten sind. Dies kann in den Regelwerken G 459-1, G 459-2 sowie G 600 nicht abschließend eindeutig für jeden Fall geregelt werden. Das Rundschreiben 03/2022 gibt abgeleitet aus den Regelwerken G 459-1, G 459-2 und G 600 Hinweise für eine mögliche Vorgehensweise. Diese Hinweise müssen durch den jeweiligen Netzbetreiber entsprechend seinen Netzgegebenheiten und der personellen Ausstattung auf den jeweiligen Fall angewandt werden.
Das DVGW-Rundschreiben 02/2005 galt, wie in dessen Überschrift angeführt, für die Wiederinbetriebnahme oder Druckbeaufschlagung von Ortsnetzen und Hausinstallationen. Wie in dem Rundschreiben 02/2005 aufgeführt ist dabei grundsätzlich nach dem DVGW-Arbeitsblatt G 600 vorzugehen. Somit galt das Rundschreiben 02/2005 ergänzend zu v. g Regelwerken für nicht planbare Ausnahmesituationen wie z. B. kompletter Netzausfall bzw. Teilnetzausfall oder Ähnliches. Diese Situationen erfordern in Abhängigkeit der jeweiligen Situation eine spezifische Vorgehensweisen, welche durch die Standardmaßnahmen gemäß Regelwerk (G 459-1, G 459-2 und G 600) nicht vollumfänglich beschrieben werden können.
Seit Veröffentlichung des Rundschreibens 02/2005 gab es zwei Fortschreibungen der G 600. Insbesondere mit der Fassung von 2018 wurde die Thematik der „Prüfung vor Inbetriebnahme“ (5.7.1) und „Einlassen von Gas“ (5.7.2) umfänglich überarbeitet und präzisiert sowie ein neuer Abschnitt 11.4 „Inbetriebnahme von Gasgeräten nach Wiederinbetriebnahme stillgelegter oder außer Betrieb gesetzter Leitungsanlagen“ eingefügt. Letzteres geschah aufgrund von Erkenntnissen aus Unfallgeschehen im Zusammenhang mit Gasgeräten Art B1/B4. Im Text des Abschnitts 11.4.2 wird diesbezüglich auf den „unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang“ mit der Außerbetriebnahme hingewiesen. Durch den ewp-Artikel 04/2020 und auch in den Schulungen zur TRGI 2018 wurde die Regelwerksformulierung „unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang“ präzisierend erläutert (1 Arbeitstag = 8 Std.). Um bei Netzausfall oder Gasmangellage, trotz vermutlicher Überschreitung der 8 Stunden, eine vereinfachte Inbetriebnahme der Gasgeräte zu ermöglichen, wird als notwendige Mindestausstattung der Gasgeräte Art B1/B4 sinngemäß der Regelung in TRGI, Abschnitt 5.5.5 "Gesteuerte Schließeinrichtungen (Vorkasse-Systeme)" das Vorhandensein einer Abgasüberwachungseinrichtung (AÜE) gefordert. Erkennbar ist dies über die Kennzeichnung "BS" auf dem Typschild des Gasgerätes. Weitere Detailausführungen zu dieser Thematik können dem Fachartikel ewp, 04/2020 entnommen werden.
Deutschland ist im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und der Kohle gezwungen, beim Energiebezug weiter zu diversifizieren. Dazu gehört insbesondere der Hochlauf von Wasserstoff – heimisch und aus neuen Partnerländern, auch außerhalb der EU. Erdgas (aus Russland) wird daher auch mit Blick auf das Erreichen der ambitionierten Klimaschutzziele perspektivisch eine immer geringere Rolle spielen. Der DVGW begrüßt, dass die Bundesregierung diese Stoßrichtung mit der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) verfolgt.
Die heimische Produktion klimaneutraler Gase und insbesondere auch von erneuerbaren Gasen ist ein wichtiger Baustein, um die Abhängigkeit zu senken. Das wirtschaftlich und technisch darstellbare Potenzial liegt bei 300 bis 400 TWh (Quelle: Ecofys-Studie), was fast einem Drittel des gesamten heutigen Gasbedarfes Deutschlands entspricht. Damit wäre ein Großteil der russischen Gasmenge substituierbar.
Es ist zwingend notwendig, den Ausbau der Erzeugung klimaneutraler Gase mit dem Fokus Deutschland und Europa bzw. vorzugsweise entlang der bestehenden Lieferwege für Erdgas voranzutreiben. In Deutschland muss ein ambitionierter Hochlauf von Biomethan organisiert werden: Anzustreben ist ein Zielwert von rund acht TWh/Jahr in den Startjahren. Dies bedeutet ein Umswitchen der stromerzeugenden Biogasanlagen in Einspeiseanlagen. Hinzu kommt die heimische Produktion von Wasserstoff aus erneuerbarem Strom. Ein weiteres Standbein dieser Strategie ist der Import klimaneutraler Gase. In Europa kann grüner Wasserstoff in großen Mengen über die derzeit prognostizierten Bedarfe hinaus produziert werden (Quelle Gasforclimate2050.eu).
Der DVGW empfiehlt, dass die Netzbetreiber zusätzliche kontrahierbare Mengen aus Speichern exklusiv zur Verfügung gestellt bekommen, um die Systemstabilität schnell und wirkungsvoll auch in Zeiten einer Gasmangelsituation beheben zu können. Händler müssen also bestimmte Speichermengen für mögliche Versorgungslücken in Erdgasspeicher einlagern.
Weiterhin ist über den Bau bzw. die Inbetriebnahme eigener LNG-Terminals auf deutschem Staatsgebiet nachzudenken, an denen perspektivisch auch grünes Gas anlanden kann. Wenngleich Deutschland mittelbar über bestehende LNG-Einspeisepunkte in den Niederlanden, Belgien und Nordfrankreich angebunden ist, wird hierdurch eine weitere Redundanz geschaffen.
Darüber hinaus sollte der Hochlauf von Wasserstoff – Erzeugung, Transport und Verteilung hin zu den Anwendungen – forciert werden. Gemeinsam mit den Gasversorgern bereitet der DVGW bereits intensiv die Umstellung von Transport- und Verteilnetzen sowie Anwendungen auf Wasserstoff vor – Wasserstoff, der perspektivisch auch aus grünem Strom sowie biogenen Stoffen gewonnen werden kann und Erdgas insbesondere in nicht zu elektrifizierenden Sektoren wie Wärme und Industrie Erdgas ersetzen wird.
Die Nutzung von Erdgas heute und klimaneutralen Gasen in der Zukunft ist unverzichtbar. Es braucht Moleküle und Elektronen, eine hundertprozentige Elektrifizierung Deutschlands ist technisch illusorisch und volkswirtschaftlich verfehlt. Der weitaus größte Teil – vier Fünftel - unserer Energieversorgung erfolgt durch Moleküle. Sie können nicht von heute auf morgen ersetzt werden. Erdgas wird also weiterhin benötigt, da regenerativer Strom allein eine gigantische Bedarfslücke entstehen ließe und weder konstante Energie liefern noch Bedarfsspitzen abdecken kann, wie dies insbesondere im Wärmemarkt notwendig ist. Erdgas hat darüber hinaus Klimavorteile gegenüber Kohle: So entsteht bei seiner Verbrennung rund ein Drittel weniger CO2 als bei Kohle. Auch wenn Russland in der Vergangenheit immer ein zuverlässiger Lieferant gewesen ist, so gilt es spätestens jetzt, die aktuelle Lage zum Anlass zu nehmen und die Diversifizierung bezüglich Energiebezugsquellen und Energieträgern weiter voranzutreiben.
Die Bundesregierung hat entschieden, LNG-Importe verstärkt in die Energieversorgung der Bundesrepublik einzubeziehen. Sie spielen bei einem möglichen russischen Lieferausfall eine zentrale Rolle. Aktuell gibt es in Europa 27 Terminals, im vergangenen Jahr waren diese nur zu 39 Prozent ausgelastet. Die für Deutschland wichtigen LNG-Standorte in Belgien und Niederlande sind überdurchschnittlich ausgelastet (ca. 70%).
Der Umbau eines LNG-Terminals auf die Nutzung für den Import von grünem Ammoniak ist technisch gut möglich. Große Teile der Infrastruktur wie zum Beispiel Schiffsanleger und der Netzanschluss an das Gasversorgungsnetz können ohne Anpassungen weiter genutzt werden. Die LNG-Tanks, die zentraler Bestandteil des Terminals sind, können auch für Ammoniak genutzt werden - allerdings mit geringerer Kapazität, da Ammoniak spezifisch schwerer ist als LNG. Pumpen, die LNG in und aus den Tanks pumpen, müssen ausgetauscht werden. Andere Anlagenbestandteile wie die Regasifizierungsanlage und das boil-off-gas Handlingsystem können angepasst werden.
Die anfallenden Mehrkosten liegen bei ca. 10 bis 20 Prozent der ursprünglichen Investitionssumme.
Möglich ist auch, das LNG-Terminal bzw. die Tanks durch stärkere Fundamente gleich zu Beginn auf Ammoniak auszulegen. Dann könnten die Tanks mit voller Kapazität weiter genutzt werden.
In der Regel sind keine Neueinstellungen von Gasgeräten aufgrund der Einspeisung von LNG ins deutsche Gasnetz erforderlich.
Bei dem angelandeten LNG handelt es sich um verflüssigtes Erdgas H (d.h. high caloric gas), bei dessen Ausspeisung in das deutsche Netz die Beschaffenheitsanforderungen an das Netz gelten, also in der Regel die des DVGW-Arbeitsblattes G 260, 2. Gasfamilie „Methanreiche Gase“, Gruppe H.
Die meisten LNG dieser Welt liegen ohnehin im DVGW-G 260 aufgezeigten Wobbe-Bereich, einige im „Graubereich“ zwischen 15,4 und 15,7 kWh/m³, einige wenige darüber. Selbst für diese Gase gibt es die Möglichkeit des „Balancing“, also der bedarfsweisen Zuspeisung von Stickstoff. Diese Möglichkeit besteht bei den meisten europäischen Anlandeterminals, bis auf jene in Spanien, wo die Geräte auch für einen höheren Wobbe-Bereich ausgelegt ist.
LNG liegt im Allgemeinen im Brennwert und Wobbe-Index etwas höher als das Gas, dass per Rohrleitung zur Verflüssigung angeliefert wird, da bei der Verflüssigung die geringen Anteile an Stickstoff und Sauerstoff nicht mit verflüssigt werden, sondern am Ort der Verflüssigung in die Atmosphäre entlassen werden. Somit erhöht sich der Anteil an brennbaren Bestandteilen im Verhältnis etwas, und das Gas steigt entsprechend geringfügig in seinem Energiegehalt.
Sind die Gasgeräte auf den Nennwert nach DVGW-G 260 und TRGI für Gebiete mit Erdgas H von 15,0 kWh/m³ eingestellt, erübrigt sich jegliche Neueinstellung. Nur bei einer niedrigeren Geräteeinstellung sollte der neuen Versorgungssituation Rechnung getragen werden, da dieses relativ niedrigkalorige Gas durch Gas aus anderen Quellen (nicht nur LNG) ersetzt wird, die alle etwas höher im Brennwert liegen als das bislang hauptsächlich importierte Gas.
Das angelandete LNG ist insgesamt verflüssigtes Erdgas H. Bei dessen Ausspeisung in das deutsche Netz gelten die Beschaffenheitsanforderungen an das Netz, also in der Regel die des DVGW-Arbeitsblattes G 260, 2. Gasfamilie „Methanreiche Gase“, Gruppe H.
Das meiste LNG dieser Welt liegt im von DVGW-G 260 aufgezeigten Wobbe-Bereich. Einige liegen leicht oberhalb, zwischen 15,4 und 15,7 kWh/m³. Selbst für diese Gase gibt es die Möglichkeit des „Balancing“, also der bedarfsweisen Zuspeisung von Stickstoff. Diese Möglichkeit besteht bei den meisten europäischen Anlandeterminals.
LNG liegt im Allgemeinen im Brennwert und Wobbe-Index etwas höher als das Gas, das per Rohrleitung zur Verflüssigung angeliefert wird, da bei der Verflüssigung die geringen Anteile an Stickstoff und Sauerstoff nicht mit verflüssigt, sondern am Ort der Verflüssigung in die Atmosphäre entlassen werden. Somit erhöht sich der Anteil an brennbaren Bestandteilen im Verhältnis etwas, und das Gas steigt etwas in seinem Energiegehalt.
Sind die Gasgeräte auf den Nennwert nach DVGW-G 260 und TRGI für Gebiete mit Erdgas H von 15,0 kWh/m³ eingestellt, erübrigt sich jegliche Neueinstellung. Nur bei einer niedrigeren Geräteeinstellung sollte der neuen Versorgungssituation Rechnung getragen werden, da dieses relativ niedrigkalorige Gas durch Gas aus anderen Quellen (nicht nur LNG) ersetzt wird.
Verteilnetzbetreiber sind verpflichtet, dem Letztverbraucher ein - entsprechend den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes G 280 - hinreichend odoriertes Gas zu liefern. Sofern das Verteilungsnetz bereits auf der Transportebene mit THT-odoriertem Gas aus Frankreich aufgespeist ist, muss ggfs. das Odorierverhalten des eigenen Verteilnetzes angepasst werden. Das Erdgas in den französischen Transportnetzen ist in etwa doppelt so stark mit THT odoriert als in deutschen Verteilnetzen üblich (ca. 40 mg/m³ THT). Bei einer Vermischung des selbst verwendeten Odoriermittels mit bereits vorodoriertem Importgas wird es nicht zu einer Geruchsauslöschung kommen. In der Konsequenz können vermehrte Gasgeruchsmeldungen auftreten, die organisatorisch durch den Störungsdienst behandelt werden müssen. Nach DVGW-Arbeitsblatt G 280 wird empfohlen, die betroffene Bevölkerung hinsichtlich des geänderten Gasgeruchs zu informieren.
Weitere Informationen sind dem DVGW-Rundschreiben G 04/2022 vom 01.06.2022 zu entnehmen.