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Die Wasserversorgung muss sich an den Klimawandel anpassen

Zukunftsbilder 2030-2100

Wandel erfordert schon heute die Entwicklung langfristig vorausschauender Konzepte

Die Wasserversorgung muss sich an den Klimawandel anpassen; © iStock.com/horstgerlach
Unsere 5. Forderung

Um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden, müssen Länder, Kommunen und Akteure der Wasserwirtschaft lokale und regionale Zukunftsbilder 2030-2050-2100 entwickeln. Die Versorger erarbeiten darauf aufbauend ihre spezifischen Versorgungs-, Vorsorge- und Krisenkonzepte.

Heißer, trockener, extremer: Der Klimawandel bedingt den respektvollen Umgang mit Wasser und regionale Lösungen
Mobile Trinkwasseraufbereitungsanlage des Technischen Hilfswerks
Mobile Trinkwasseraufbereitungsanlage des Technischen Hilfswerks © THW

Trinkwassergüte, Versorgungssicherheit, Netzbeschaffenheit – in all diesen Kategorien nimmt Deutschland im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz ein. Die Leistungsfähigkeit der Branche zeigt sich nicht zuletzt darin, dass auch bei Extremereignissen die Versorgungssicherheit durchgängig gewährleistet bleibt. Für die Verbraucher hatten weder das Hochwasser 2002 noch der Jahrhundertsommer 2003 spürbare Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Trinkwasser. Doch das Dürrejahr 2018 stellt einen Wendepunkt dar, denn die zu erwartende Häufung extremer Wetterereignisse macht es vonnöten, die Wasserinfrastrukturen mithilfe regionaler Zukunftsbilder auf den Klimawandel einzustellen (Mehr Informationen finden Sie auf unserer Themenseite Klimawandel und Wasserversorgung). Zudem muss es bundesweit verpflichtend sein, regionale Handlungsrichtlinien und Notfallpläne auszuarbeiten, um in zeitkritischen Notfallsituationen angemessen reagieren zu können.

In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird es in Europa im Durchschnitt wärmer, im Sommer heißer und trockener, im Winter milder und feuchter. Der „Dürresommer 2018“ lieferte einen Vorgeschmack auf die klimatischen Szenarien, auf die sich Deutschland langfristig einstellen muss. In diesem laut Deutschem Wetterdienst wärmsten Jahr seit Beginn der deutschlandweiten Wetterbeobachtung im Jahr 1881 lagen die Temperaturen 2 Grad über dem langjährigen Mittel. Zugleich war es das vierttrockenste Jahr: Die Niederschläge lagen 30 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Die außergewöhnlich trocken-heiße Großwetterlage dauerte in ganz Deutschland von April bis in den Oktober an. Regional gab es dabei teilweise erhebliche Unterschiede.

Trockenjahr 2018 – Stresstest für Wasserversorger

Das laut Deutschem Wetterdienst klimatologisch „einzigartige“ Jahr 2018 beeinflusste die lokalen Wasserressourcen. Quellfassungen, die im Wesentlichen von den Niederschlägen abhängig sind, fielen trocken. Zahlreiche Trinkwassertalsperren verzeichneten ungewöhnlich niedrige Füllstände, zusätzlich verschlechterte sich auch die Rohwasserbeschaffenheit. Die Grundwasserstände sanken, auch die Oberflächengewässer führten weniger Wasser und trockneten teilweise aus – beispielsweise in Rheinland-Pfalz, wo man im Herbst 2018 wegen Niedrigwassers teilweise im Flussbett des Rheins spazieren gehen konnte.

Das Trockenjahr zeichnete sich durch starke Rückgänge im verfügbaren Wasserdargebot bei gleichzeitigem zunehmenden Wasserbedarf aus, der zu neuen Maxima in den Tagesabsatzspitzen führte. Vor allem der Wasserbedarf für die landwirtschaftliche Bewässerung nahm zu und konnte nicht in allen Fällen bedient werden. Um die Trinkwasserversorgung der Haushalte zu sichern, griffen die Wasserversorger auf eine Reihe von Anpassungsmaßnahmen zurück: Die Wasserentnahme aus Talsperren wurde reduziert, der Aufbereitungsaufwand für das Rohwasser erhöhte sich. Im Rahmen bestehender Kooperationsvereinbarungen wurden Fremdbezugsmöglichkeiten für Wasser von benachbarten Versorgern genutzt. Zum Teil wurde zur Mengendrosselung der Wasserdruck im Verteilungsnetz reduziert. In wenigen Ausnahmefällen wurde die Notversorgung über Tankwagen gewährleistet.

Zeitliche Abfolge der Jahresdurchschnittstemperaturen für Deutschland von 1871 bis 2017 (Skala reicht von 6,6 °C [dunkelblau] bis 10,3 °C [dunkelrot])
Zeitliche Abfolge der Jahresdurchschnittstemperaturen für Deutschland von 1871 bis 2017 (Skala reicht von 6,6 °C [dunkelblau] bis 10,3 °C [dunkelrot]) © DVGW

Vorsorge treffen für Extremwettersituationen

Extreme Wetterlagen sind den Wasserversorgern nicht unbekannt und traten bereits in der Vergangenheit auf. Die Wasserversorgung hat diese stets bewältigt. Langfristig ist jedoch mit einer Verschärfung und Häufung der Ereignisse zu rechnen. Denn ein Dürrejahr können die Wasserversorger gut verkraften. Problematisch wird es dann, wenn solche Ereignisse in aufeinanderfolgenden Jahren auftreten. Wäre das vorherige Winterhalbjahr weniger niederschlagsreich gewesen, hätte eine größere Zahl von Wasserversorgern ernsthafte Probleme bekommen. Saisonal kann perspektivisch die Wasserverfügbarkeit zurückgehen. Dies hat unter anderem eine Erhöhung der Nähr- und Schadstoffkonzentrationen in Gewässern zur Folge. Zusätzlich nimmt die Konkurrenz mit anderen Nutzern um die Wasserressourcen zu. Regional wurde die Bevölkerung aufgerufen, auf die Gartenbewässerung zu verzichten.

Konkrete Anpassungsmöglichkeiten unterscheiden sich regional und sind auch abhängig von den naturräumlichen Bedingungen, der Siedlungsdichte, der Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur sowie den vorhandenen technischen Strukturen eines Versorgungssystems. Die Unternehmen berücksichtigen bei ihren Analysen und Planungen verstärkt die regionalen Auswirkungen des Klimawandels und prüfen systematisch den eigenen Anpassungsbedarf. Eine zentrale Lösung, um auf solche Extremwettersituationen besser reagieren zu können, liegt in der Ausarbeitung regionaler Krisenkonzepte.

Stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung der Trinkwasserversorgung notwendig

Im Dürrejahr zeigte sich, dass Kommunen unterschiedlich auf Anfragen der Versorger reagiert haben: Wenn es zum Beispiel darum ging, die Unterwasserabgabe einer Talsperre zu reduzieren, um Reserven für die Trinkwasserversorgung vorhalten zu können, waren nicht alle Kommunen vorbereitet. Dabei sind die Kommunen als Verantwortliche im Sinne der Daseinsvorsorge auch gehalten, gemeinsam mit den Wasserversorgern gegenüber der Öffentlichkeit aufzutreten. Dazu gehört auch die Sensibilisierung dafür, dass eine hundertprozentige Sicherheit der Versorgung angesichts der zunehmenden Häufung extremer Ereignisse zukünftig vielleicht nicht in jedem Fall garantiert werden kann. Die mancherorts veröffentlichte Bitte, auf die Gartenbewässerung zu verzichten, ist im Sinne der Gesamtbevölkerung weder Grund für öffentliche Aufregung noch für zu starke Zurückhaltung in der Kommunikation und Durchsetzung.

Gerade in den Kommunen ist ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung der Trinkwasserversorgung zwingend notwendig. Fragen der Notfallversorgung bei extremen Wettereignissen müssen regional geklärt werden. Die Ausarbeitung von Handlungsrichtlinien und regionaler Notfallpläne muss bundesweit verpflichtend sein, um auf Wetterextreme angemessen und zeitnah reagieren zu können.