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Gasnetz als Speicher für grünes Gas

Gas

19. Oktober 2020

Enorme Leitungen transportieren das Gas sicher über weite Strecke.

Versteckt in der Erde, schlängelt sich ein gewaltiger Wurm durch Deutschland. Er hört auf den Namen Gasnetz, ist Hunderttausende Kilometer lang und sieht auf der Landkarte aus wie ein riesiges Adergeflecht. Permanent steht er unter hohem Druck: Mit bis zu 100 bar muss er Lebens- und Wirtschaftsräume mit Energie versorgen. Künftig soll er sogar eine wichtige Rolle in der Energiewende erhalten. Kein Problem für den leistungsfähigen Wurm – denn erneuerbares Gas speichern und verteilen kann er schon heute.

Die Energiewende benötigt Speicher

Speicherung von erneuerbaren Energien – so heißt eine der großen Herausforderungen der Energiewende. Denn die Erzeugung von Ökostrom ist größtenteils wetterabhängig und passt nicht immer optimal zum Strombedarf. Bisher sah die Energieversorgung anders aus: Der Strom wurde überwiegend aus Braun- und Steinkohle oder Atomkraft in regelbaren Kraftwerken erzeugt. Sie liefern so viel Strom, wie wir Menschen nachfragen. Bei Strom aus erneuerbaren Energien entstehen jedoch oft Überschüsse. Denn wenn der Wind kräftig bläst und die Sonne stark scheint, entsteht meist mehr Strom, als das öffentliche Stromnetz aufnehmen kann. Dann müssen immer mehr Windränder und Solarstromanlagen zeitweise abgeregelt, also in ihrer Leistung begrenzt, werden. 2019 konnte das Netz rund 2,8 Prozent des gesamten in Deutschland erzeugten erneuerbaren Stroms nicht aufnehmen. 6.482 Gigawattstunden und damit 19 Prozent mehr als 2018 wurden abgeregelt – ein ökologischer und ökonomischer Wahnwitz.

Power-to-Gas: So entsteht erneuerbares Gas

Die Lösung für solche Situationen sind Speicher. Sie können Stromüberschüsse etwa bei Starkwind aufnehmen und bei Flaute wieder abgeben. Für kurzfristige Speicheraufgaben sind Batterien und Pumpspeicherwerke eine gute Lösung. Als Langzeitspeicher eignen sich chemische Energieträger wie Wasserstoff und Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas, besser. Sie lassen sich aus dem erneuerbaren Strom herstellen. Bei diesem Verfahren, Power-to-Gas genannt, zerlegen Elektrolyseure Wasser mit Hilfe von Strom in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2). In einem zweiten Schritt kann dann der Wasserstoff in Methan (CH4) umgewandelt werden. So entstehen aus Ökostrom erneuerbare, klimaneutrale Gase, die sich nun für Bedarfszeiten speichern und in den Sektoren Wärme, Strom und Mobilität, aber auch in der Industrie einsetzen lassen.

Speicherwunder Erdgasnetz

An dieser Stelle kommt das Erdgasnetz ins Spiel. Es stellt die Infrastruktur, um die grünen Gase künftig auch in riesigen Mengen zu lagern – eine große Aufgabe für unseren Wurm. Doch er ist gut vorbereitet. Seit mehr als zehn Jahren wird bereits aufbereitetes Biogas in das Gasnetz eingespeist. Auch seine Kapazität ist überzeugend: Insgesamt 540.000 Kilometer weit verzweigte Erdgasleitungen und rund 47 unterirdische Speicher. Die Gasmenge, die dort hineinpasst, reicht, um ganz Deutschland mehrere Monate mit Strom und Heizenergie zu versorgen. In Zahlen ausgedrückt heißt das: 220 Terrawattstunden (TWh) Speicherkapazität. Das Stromnetz kann die Überschüsse übrigens nicht speichern: Die Kapazität der Stromspeicher beträgt lediglich 0,04 TWh – der Verbrauch in Deutschland einer knappen halben Stunde.

Mehr Erneuerbare ins Gasnetz

Das Gasnetz ist also wie eine Vorratskammer für den Strom und die Speicherung langfristig ohne Lagerungsverluste möglich. Ein weiterer Vorteil ist die räumliche Flexibilität: In Flensburg produziert, kann das Gas durch das Netz transportiert und in Freiburg verbraucht werden. Andere Speichertechniken können das mit der vorhandenen Infrastruktur nicht gewährleisten. Zudem lässt sich das komplette Erdgas im Netz prinzipiell ohne Einschränkungen durch erneuerbares Gas ersetzen. Wasserstoff kann bereits mit bis zu zehn Prozent ins öffentliche Gasnetz eingespeist werden und dieser Anteil soll perspektivisch weiter steigen. Erneuerbares Methan kann bereits jetzt zu 100 Prozent ins Netz aufgenommen werden.

Das Gasnetz kann klimafreundliche Energie speichern und transportieren
Das Gasnetz kann klimafreundliche Energie speichern und transportieren © DVGW
Gase der Energiewende

Als Speicherort für erneuerbare Gase kann das technisch langlebige und sichere Erdgasnetz einen großen Beitrag zur klimafreundlicheren Energieversorgung leisten. Denn Brennstoffzellen- und Erdgasautos, Heizungen, die Wirtschaft und Gaskraftwerke können die grünen Gase so jederzeit und überall CO2-neutral nutzen. Das erhöht den Anteil erneuerbarer Energien auch in den für die Energiewende so wichtigen Sektoren Mobilität, Wärme und Industrie. Unser Wurm hat also auch in Zukunft viel zu tun – für die zuverlässige Energieversorgung in Deutschland und als zentrale Säule einer erfolgreichen Energiewende.

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